Über Timur Oruz:
Ich bin Hockeynationalspieler und konnte neben Deutschen Meisterschaften die Champions League (EHL) mit meinem Verein Rot-Weiß Köln gewinnen. International zählen der Gewinn der U21 Weltmeisterschaft und die Bronzemedaille bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro zu meinen besonderen Erfolgen. Neben dem Sport studiere ich Medizin in Witten Herdecke. Ich habe zwei Geschwister – einen älteren Bruder und eine jüngere Schwester.
Wenn ihr mir eine Frage stellen oder eure eigene Geschichte erzählen möchtet, schreibt gerne in die Kommentare unter meinem Blogbeitrag. Ich freue mich darauf, euch zu antworten!
Weltspitze dank Typ-1-Diabetes
Wie der Diabetes mich zu einem besseren Menschen machte
Ich möchte euch in diesem Blogbeitrag einen kurzen Einblick in mein Leben als Leistungssportler mit Typ-1-Diabetes geben. Ihr erfahrt, was ich dem Diabetes alles zu verdanken habe, aber auch wie viele Herausforderungen und Rückschläge ich schon hinnehmen musste. Ich hoffe, dass ich euch Mut machen kann und wir in den aktiven Austausch gemeinsam kommen.
Die Diagnose Typ-1-Diabetes bekam ich mit 6 Jahren – für mich in der Nachbetrachtung das perfekte Alter, da ich mich mittlerweile kaum noch an ein Leben ohne meinen Diabetes erinnern kann. Es gibt also nichts, was ich extrem „vermisse“.
Dennoch kann ich mich sehr gut an meine erste „schmerzhafte“ Erfahrung erinnern: eigentlich lag ich noch im Krankenhaus zur Einstellung meines Diabetes, aber ich habe bereits damals schon Hockey gespielt und wir hatten in dieser Woche einen Ausflug mit der Mannschaft in den Zoo, den ich natürlich nicht verpassen wollte. Meine Mutter, die Kinderärztin ist, machte mir den Besuch möglich, indem sie mich begleitete. In der Mittagspause holte unsere Trainerin dann rote, braune und grüne komplett mit Zucker bedeckte Schlangen raus, die ich damals schon gerne gegessen habe. Alle meine Mitspieler stürzten sich auf die Schlangen und auch ich war im Begriff hinüberzustürmen, aber dann hielt mich die Hand meiner Mutter zurück. Sie sagte mir, dass ich darauf jetzt in dem Moment verzichten müsste. Ich werde es nie vergessen, wie alle meine Freunde genüsslich ihre Schlangen aßen und ich nur zuschauen durfte.
Für mich war klar, dass ich einen Weg finden würde, diese Schlangen weiter essen zu dürfen. Die Lösung hatte ich schnell parat: wenn ich genug Sport machte (und das für mich ein Leichtes), musste ich eigentlich auf nichts verzichten.
Daher esse ich auch heute wieder gerne Eis, Schokolade, Pizza und Zuckerschlangen (natürlich in Maßen).
Dieses Erlebnis fasst für mich die unterschiedlichen Facetten der Zuckerkrankheit gut zusammen: zunächst scheint sich alles zu verändern im Leben und der Verzicht scheint in den Mittelpunkt zu rücken, aber wie bei so ziemlich allen Sachen im Leben kommt es auf die innere Einstellung an. Der Diabetes muss heutzutage niemanden mehr einschränken, wenn man es nicht möchte. Mich hat der Diabetes – aufgrund meiner Vorliebe zu Süßigkeiten – zum positiven Denken/Kämpfen gezwungen, was mir sehr guttut.
Das ständige Messen, Spritzen und Einordnen der Werte verlangt enorm viel Disziplin und Ordnung. Uns Diabetikern ist das häufig nicht bewusst, weil es für uns eine Selbstverständlichkeit ist, aber immer wenn meine Freunde mir sagen, dass sie das alles so sicher nicht könnten, wird mir verdeutlicht, was wir tagtäglich für eine Meisterleistung erbringen. Das darf man ruhig mal selbstbewusst reflektieren und sich dafür auch feiern.
Denn wenn man sich diese Stärke vergegenwärtigt, ist man auch mutiger, andere Herausforderungen anzugehen.
Für mich lässt sich daher zusammenfassen, dass ich einen Großteil meiner Disziplin und meines Ehrgeizes meinem Diabetes zu verdanken habe, aber auch auf Dinge zu verzichten und achtsam mit dem eigenen Körper umzugehen. Eigenschaften, ohne die ich es niemals in die Weltspitze geschafft hätte.
Trotz meiner ganzen Euphorie und Begeisterung, die in meinem Text mitschwingt, ist Typ-1-Diabetes natürlich eine chronische Krankheit und jede Krankheit, die wir vermeiden oder heilen können, ist ein Meilenstein in der Medizin.
Ich unterstütze daher gerne die Früherkennungsstudien und würde mir in meinen Träumen natürlich „A World Without 1“ wünschen, aber würde meinen Diabetes gegen keine andere chronische Krankheit tauschen wollen!
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